F.C.I.-Standard Nr. 223 / 02. Februar 1990 / D

DER HOLLÄNDISCHE SCHÄFERHUND

Übersetzung : Dr. J.-M. Paschoud, überarbeitet von Herrn Harry C.A. Hinckeldeyn

ALLGEMEINES ERSCHEINUNGSBILD : mittelgrosser, mittelschwerer, gut bemuskelter Hund von kräftigem, gut proportioniertem Körperbau; Ausdruck intelligent, Temperament lebendig.

VERHALTEN UND CHARAKTER : anhänglich, gehorsam, folgsam, wachsam, arbeitsfreudig, sehr treu und zuverlässig, anspruchslos, von grosser Ausdauer, stets aufmerksam, aktiv und mit den Eigenschaften eines echten Schäferhundes ausgestattet.

GRÖSSE / MASSVERHÄLTNIS : der Körper ist im Verhältnis von ungefähr 10 zu 9 länger als die Höhe am Widerrist.

  • Widerristhöhe für Rüden 57 - 62 cm
  • Widerristhöhe für Hündinnen 55 - 60 cm.

    VARIETÄTEN : auf Grund der Haarbeschaffenheit unterscheidet man

  • a) Kurzhaar
  • b) Langhaar
  • c) Rauhhaar

    GANGWERK : fliessend, geschmeidig, natürlich. Der Bewegungsablauf darf nicht steif und gezwungen sein, aber auch nicht schwebend und zu weit ausgreifend.

    Kopf : grösse in guter Proportion zum Körper; Form eher länglich, nicht massig. Ohne Falten und trocken. Der Fang ist etwas länger als der Flache Schädel. Der Nasenrücken ist gerade und parallel mit dem Schädel. Stop wenig ausgeprägt. Lefzen gut anliegend. Bei der Rauhhaarvarietät scheint der Kopf eine mehr viereckige Form zu haben, was nur eine optische Täuschung ist.

    Ohren : eher klein als gross. Im Erregungszustand straff aufgerichtet und nach vorn gerichtet. Hoch angesetzt. Form nicht löffelförmig.

    Augen : dunkel gefärbt, mittelgross, mandelförmig (nicht rund), etwas schräg placiert.

    Nase : immer schwarz.

    Gebiss : kräftig und regelmässig entwickelt. Bei geschlossenem Fang greifen die Schneidezähne des Oberkiefers schliessend über die Schneidezähne des Unterkiefers (sog. Scherengebiss).

    Hals : verlangt wird ein nicht zu kurzer, trockener Hals, ohne Wamme, der allmählich in die obere Linie des Rumpfes übergeht.

    Körper : kräftig, Rippen leicht gewölbt. Brust tief, aber nicht schmal. Die untere Linie des Brustkorbes geht allmählich in die Bauchlinie über. Rücken kurz, gerade und kräftig. Lenden kräftig, weder lang noch schmal. Die Kruppe darf nicht kurz oder abfallend sein.

    Vorerläufe : kräftig, gut bemuskelt von solidem Knochenbau.Senk recht, in Form einer Geraden, aber mit ausreichender Federung im Vorderfusswurzelgelenk.Schulterblätter am Brustkorb gut anliegend und schräg. Oberarm von guter Länge.

    Hinterläufe : ebenfalls kräftig, gut bemuskelt und von solidem Knochenbau. Kniegelenk mässig gewinkelt, wodurch ein übertrieben schräger Verlauf des Oberschenkelknochens vermieden wird. Auch am Sprunggelenk ist eine mässige Winkelung erwünscht, so dass sich der Mittelfuss senkrecht unter dem Sitzbeinhöcker befindet. Keine Afterkrallen.

    Pfoten : Zehen eng aneinanderliegend und gewölbt, wodurch eine lange Pfote vermieden wird. Nägel schwarz. Ballen elastisch und von dunkler Farbe.

    Rute : in Ruhe gerade oder hängend und leicht gebogen, reicht sie bis zum Sprunggelenk. In der Bewegung wird sie elegant getragen, jedoch nie seitlich oder als Ringelrute.

    BESONDERHEITEN BEI DEN DREI HAARVARIETÄTEN

    Kurzhaar
    : gewünscht wird am ganzen Körper ein recht hartes nicht zu kurzes Haar mit reichlich Unterwolle. Kragen, Hosen und befederte Rute müssen deutlich sichtbar sein. Farbe : mehr oder weniger deutlich auf braunem Untergrund (gold gestromt) oder auf grauer Grundfarbe (silbergestromt) gestromt. Die Stromung erstreckt sich über den ganzen Körper, auch an Kragen, Hosen und befederter Rute. Viel schwarzes Deckhaar ist unerwünscht. Schwarze Maske bevorzugt.

    Langhaar : am ganzen Körper langes, schlichtes, anliegendes sich grob anfühlendes Haar ohne Locken oder Wellen mit reichlich Unterwolle. Kopf, Ohren, Pfoten und Hinterläufe unterhalb des Sprunggelenkes haben ein kurzes und dichtes Haar. Die Hinterseite der Vorderläufe zeigt stark entwickeltes, nach unten zu an Länge abnehmendes Haar, die sog. Federn. Rute rundum reichlich behaart. Keine Fransen an den Ohren. Farbe : wie für Kurzhaar.

    Rauhaar : am gesamten Körper wird dichtes, hartes, buschiges Haar gewünscht mit, am Kopf ausgenommen, dichter Unterwolle. Das Haarkleid muss dicht geschlossen sein. Ober- und Unterlippe reichlich behaart (sog. Schnauz- und Kinnbart), nicht weich, gut abstehend. Struppige, gut vorstehende Augenbrauen. Auf dem Schädel und an den Wangen ist das Haar weniger stark entwickelt. Rute rundum stark behaart. Stark entwickelte Hosen sind erwünscht. Farbe : blaugrau und Pfeffer-Salz, silber- und goldgestromt. Die Stromung kommt beim Rauhhaar - im Gegensatz zu den anderen Varietäten - im Deckhaar weniger deutlich zum Ausdruck.

    FEHLER : zu viel Weiss an Brust oder Pfoten, weisser Streifen oder Fleck irgendwo anders am Körper. Naschenschwamm anders als schwarz. Schlaff herabhängendes oder löffelförmiges Ohr. Fehler hafte Farbe oder Zeichnung, zu viel schwarzes Deckhaar. Vor- oder Rückbiss. Ohren oder Rute kupiert. Ringelrute.

    N.B.: Rüden müssen zwei offensichtlich normal entwickelte Hoden aufweisen, die sich vollständig im Skrotum befinden.


    DER HOLLÄNDISCHE SCHÄFERHUND

    Ursprung
    Es ist eine alte Landrasse, von Holländischem Ursprung. In früheren Jahrhunderten brauchte man auf dem Lande, bei den Hirten und den Bauern, einen vielseitigen Hund. Ein Mädchen für Alles, das wenig forderte und dem rauen und kargen Leben jener Zeit angepasst war. Aus dem damaligen Hunde ist schließlich der Holländische Schäferhund entstanden, wie wir ihn jetzt kennen. Dieser Hintergrund erklärt den Ursprung der Charaktereigenschaften, die bis heute fast unverändert geblieben sind.

    Kein Modehund
    Der Holländische Schäferhund war früher und auch heute recht unbekannt. Manch ein stolzer Besitzer, der seinen Welpen spazieren führt, wird einem zufälligen Passanten erklären müssen, welche Rasse er an der Leine führt. Besonders bei einem jungen Langhaar, können Kinder ganz unschuldig fragen: „Ist das ein Wolf oder eine Hyäne?” Ein bekannter Kynologe schrieb schon im Jahre 1910 über den Holländischen Schäferhund: „...am meisten in Erscheinung dem Wolf nahekommend”. Das stimmt natürlich nicht ganz, aber es gibt sowieso einen anderen Aspekt, der zeigt, dass der Holländer sicherlich noch Merkmale von seinem wilden Ahnen hat.

    Charakter:
    Der Rassenstandard sagt über das Wesen u.a.:
    anhänglich, gehorsam, folgsam, wachsam, parat, sehr treu und zuverlässig. Auch erwähnt die allgemeine Beschreibung die Aussage „mit intelligentem Ausdruck und lebendigem Temperament”. Und diese Intelligenz darf nicht unterschätzt werden.
    Wölfe leben im Rudel mit einem Leitwolf. Die übrigen Tiere in der Gruppe haben jeder ihren eigenen Platz, die sogenannte Rangordnung. Unser Holländer hat auch noch ein starkes Gefühl für Führung und Rangordnung.
    Er ist kein Hund für jedermann. Er braucht eine deutliche Führung. Fehlt diese Führung, so wird er selbst das Heft in die „Pfoten” nehmen. Kann man ihm das übelnehmen? Eigentlich nicht. Hier trifft man wieder die Eigenschaften, die er bei seiner früheren Arbeit brauchte. Es gibt eine Geschichte von einem Holländer, der völlig selbstständig eine Herde Lämmer, die der Bauer gerade verkauft hatte, wieder zurück nach Hause brachte. Das ist doch für einen Hund wirklich eine imponierende Leistung !

    Erziehung
    Durch seine Charaktereigenschaften braucht er eine konsequente Erziehung, vor allem auch um diese Eigenschaften in die richtige Richtung entwickeln zu können. Mit Rücksichtslosigkeit und Gewalt erreicht man nichts. Er ist sehr empfindlich für Ihre Stimme und Stimmungen zu Hause. Ein böses „nein” oder „pfui” wird mehr Eindruck machen als ein Ruck an der Leine.
    Möglicherweise haben Sie Gelegenheit sich mit ihm an einem Erziehungskurs zu beteiligen oder ihn bei einer anderen Art von Hundesport einzusetzen, wie Suchhund, Agility, Fly-ball usw. Der Holländer lernt schnell und es wird ihm während der Übungen schnell langweilig. Machen Sie deshalb das Training abwechslungsreich.
    Der Hund braucht eine Umgebung, in der er etwas erleben kann, sonst wird er nicht aufmerksam, fröhlich und aktiv sein. Lange Spaziergänge, laufen neben dem Fahrrad, mit dem Chef im Auto mitfahren, er wird alles genießen und sich zu einem feinen Kameraden entwickeln.